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Vom Kampf im Leben und wie man sein soll

By Christine Graf, 25 February, 2018
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Wir alle wachsen auf begleitet von elterlichen Ratschlägen, die die Ängste, Sehnsüchte und Wünsche unserer Eltern ausdrücken, wie wir sein sollen.
Und natürlich unterwerfen wir uns diesen Wünschen, passen uns an, um von unseren Eltern geliebt und anerkannt zu werden. Solche Einschärfungen und Zuschreibungen wirken einschränkend auf das freie Verhalten eines Kindes. Unbewußt entscheiden wir uns also sehr früh in unserem Leben, wie wir sein wollen.
Wir “übersetzen” die elterlichen Einschärfungen und folgen den ihnen innewohnenden Antreibern.
Ein Antreiber, den ich auch heute noch immer beim Abschied von meinem Vater zu hören bekomme, ist: Laß dich nicht unterkriegen! Sei stark, kämpfe dich durch!
Natürlich laß ich mich nicht unterkriegen und gekämpft habe ich in meinem Leben auch genug, sei es in Beziehungen zu anderen Menschen, beim Sport, im Job oder auch gegen mich selbst. Die damit verbundenen positiven wie negativen Eigenschaften sind Teil meiner Persönlichkeit geworden.
Nun kommen ja solche Ratschläge der Eltern nicht aus heiterem Himmel, sondern sie basieren auf deren eigenen Anpassungserfahrungen. Das Leben meiner Eltern war beileibe kein einfaches, sondern buchstäblich geprägt vom Kampf ums Überleben. Beide haben ihre Kindheit während des 2. Weltkriegs erlebt und auch im Verlauf ihres weiteren Lebens hatten sie oft mit den negativen Konsequenzen der politischen Verhältnisse zu kämpfen. Es war tatsächlich oft ein Kampf ums Überleben, ein Kampf, sich anzupassen, ein- bzw. unterzuordnen.
Sehr oft habe ich folgenden Satz von meinem Vater gehört: “Leben ist Kampf, Kampf ist Leben”. Ich bin dabei innerlich immer erstarrt und sofort in die Opposition gegangen. Vor ein paar Wochen habe ich diesen Satz wieder von ihm gehört und diesmal habe ich nachgefragt, ob er denn wirklich glaube, dass das Leben ein immer währender Kampf sei. Er sagte, dass er diesen Satz zu Beginn seiner beruflichen Ausbildung, in den 1950iger Jahren, oft von einer älteren Justizangestellten gehört habe. Im weiteren Verlauf des Gesprächs stellte sich heraus, dass diese Frau ihre berufliche Karriere in der Justiz während der Weimarer Republik begann, im Dritten Reich und bis in die 1960iger Jahre tätig war.
Sie hat also in drei verschiedenen Gesellschaftssystemen gearbeitet und irgendwie beschlich mich eine dunkle Ahnung, was, diesen Kontext in Betracht ziehend, hinter diesem Satz stecken könnte.
Ich hab ein wenig nachgeforscht und bin auf YouTube fündig geworden. Das Propagandavideo “Alles Leben ist Kampf” zur Propagierung der Euthanasie stammt aus 1937 und ist vom Rassenpolitischen Amt der NSDAP in Auftrag gegeben worden.
Mein Vater kannte diesen Film nicht und war sehr erschrocken über dessen Aussagen.
Letztlich ist die Verwendung dieses Satzes für mich ein Beleg dafür, wie tief und wie lange solche Einschärfungen im persönlichen Lebensskript verankert sind.

Und dann habe ich vergangene Woche dieses Buch gelesen:
Ist das ein Mensch? von Primo Levi.
Der Autor hat ein Jahr im KZ Auschwitz verbracht, überlebt und beginnend in 1945 aufgeschrieben, wie es dort zuging. Es ist frei von Anschuldigungen, es schildert die täglichen, organisatorischen Abläufe in diesem Lager, vom morgendlichen Aufstehen, essen, arbeiten, waschen etc. Levi wollte verstehen, was Menschen mit Menschen tun.
Er schildert den Kampf, um zu leben u.a. wie folgt:

“…es gilt, den Feinden standzuhalten und kein Erbarmen für seine Rivalen zu kennen; es gilt, seinen Geist zu schärfen, sich mit Geduld zu wappnen und seinen Willen zu stählen. Oder man muß jede Würde in sich zerstören, muß als Rohling gegen Rohlinge zu Felde ziehen und sich von den ungeahnten unterirdischen Kräften leiten lassen, die den Geschlechtern und den einzelnen in grausamer Zeit Beistand gewähren. Viele Wege haben wir ersonnenen und befolgt um nicht sterben zu müssen, so viele, wie es menschliche Charaktere gibt. Jeder von ihnen war ein aufreibender Kampf des einzelnen gegen alle…”
(Ebenda, Seite 89)

Ich weiß nicht, ob Leben immer Kampf ist oder sein muß. Das hört sich für mich anstrengend und gewalttätig an. Immerzu kämpfen, um zu siegen, zu überleben, niemals Gefühle zu zeigen, eine Maske der Härte zu tragen, das macht doch nicht glücklich, damit zerstört man sich und andere.
Heute kämpfen wir für, um und gegen alles mögliche, für eine gerechtere Verteilung des Reichtums, um Rohstoffe, gegen den Terror, gegen den Klimawandel, gegen Migranten bei der Tafel.

Ist also das Leben ein immer währender Kampf?

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